Das Bachtal Żabiniec in Stettin
„Nicht alles, was glänzt, ist Gold.“ – so auch das Fossil eines Tagfalters, welches in einer der für Stettin berühmten „Stettiner Kugeln“ gefunden wurde.
Ansorge (2015) hat dieses Mysterium aufgedeckt und fand heraus, dass es sich dabei um eine Fälschung handelte. Ein rezenter Falter wurde auf die Konkretion mittels Gipsmatrix montiert. Vor allem liefert diese Kugel aus Sand überhaupt kein Erhaltungspotential für Insekten. Schon Ansorge (1997) äußerte Zweifel an dem Fund, aber durch die unbekannte Lagerung dieses Fundstücks konnte es keinen näheren Untersuchungen unterzogen werden. Erst einige Jahre später tauchte das Stück bei einem Fossiliensammler wieder auf (Ansorge 2015).
Preußische Geologen beschrieben Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals die geologischen Gegebenheiten West-Pommerns. Die polnische Stadt Stettin liegt geologisch gesehen innerhalb der Kreide, dem Paläogen, Neogen und dem Quartär (Maciag, 2020). Das ist ein Zeitraum, der bis zu 100 Millionen Jahre abdeckt. Verglichen mit dem Alter des Mond-Erde-Systems ist es jedoch nur ein relativ kurzer Moment (Abb. 1).
Aufgrund mächtiger Sequenzen aus pleistozänen und holozänen Sedimenten an der Oberfläche und oberflächennah (Abb. 2), gibt es keine in-situ-Aufschlüsse präquartärer Einheiten rund um Stettin (Borówka, 2013). Geschiebe (Gesteine verschiedener Größe, transportiert durch Gletscher), fluviatile Sande und organische Sedimente repräsentieren die quartären Schichten. Es gibt jedoch Aufschlüsse mit oligozänen Ablagerungen (Tertiär). Diese enthalten Eisen-Konkretionen, welche marine Fauna beinhalten (Abb. 3a). Darüber hinaus wurden die sogenannten „Stettiner Kugeln“ entdeckt, sphärisch geformte Knollen (Maciag, 2020; Abb. 3b). Die oligozänen Einheiten enthalten viele Fossilien, wie Foraminiferen, Radiolarien, Mollusken oder auch Haifischzähne. Gipskristalle (Abb. 3c) machen das Stettiner Oligozän besonders (Cedro, 1993; Cedro et al., 1995). Paläogene Sedimente des Oligozäns enthalten neben schwach verkalkten Tonen, Schluff und Sand auch Gipskristalle und Glaukonit (Piotrowski et al., 2010). Die Mächtigkeit dieser Sedimente erreicht zum Teil einige zehner Meter. Die pleistozänen Ablagerungen beinhalten Ton, wogegen die holozänen Ablagerungen neben Ton noch Sand und organische Erden aufweisen (Piotrowski et al., 2010).
Typisch für die Zeit des Tertiärs war die Entwicklung von Senkungsgebieten (wie z.B. das Norddeutsch-Polnische Becken) (Abb. 4). Durch die Bildung eines flachen Randmeers kam es im nördlichen Mitteleuropa zur Ablagerung sandiger und toniger Sedimente. Es entstand eine Vielzahl von Braunkohleflözen, welche von mächtigen quartären Ablagerungen überdeckt wurden (Meschede, 2018). Während der pleistozänen Vereisungsphasen im Quartär, wurden mächtige Endmoränen (zum Teil glazitektonische Komplexe) durch den Schub der Gletscher „aufgetürmt“. Wie im Gebiet des Muskauer Faltenbogens im Dreiländereck Brandenburg-Sachsen-Polen, kommen somit an der Grenze zwischen Deutschland und Polen einige der tertiären Braunkohleflöze oberflächennah vor.
Das Tal des Bachs Żabiniec befindet sich im Nordteil des Stettiner Stadtwaldes, welcher sich an die Ueckermünder Heide anschließt. Der hier vorhandene Hügel, ist Teil der Warszewskie Hügel und gehört zu einer Endmoräne, welche durch die Vergletscherung im Saale-Komplex entstanden sein kann. Das Bachtal Żabiniec schneidet sich in diese Sedimentabfolgen ein und gewährt dadurch ein Blick ins Innere der Endmoränen. Durch die gletscherbedingten Scherprozesse im Untergrund sind tertiäre Tone (Abb. 5 und 6) angehoben wurden, die an dem Bach ebenfalls aufgeschlossen sind. Dies ist eine geologische Besonderheit in Stettins Norden. Aus der Weichsel-Kaltzeit stammen Schmelzwasserkiese und -sande (Abb. 7), welche von Löss-Einheiten überdeckt werden.
Die besonders starke Erosion in diesem Bach ist, verglichen mit den Bächen der Umgebung, spektakulär und resultiert aus der Ableitung des Wassers in dieses Gebiet. Daher sind hier so hervorragende Aufschlussverhältnisse zu finden.
Beide Bilder besser untereinander darstellen und mit A und B beschriften. Dann sind die Details besser sichtbar.
Schriftenverzeichnis
Ansorge, J. (1997): Insekten in Geschieben. Überblick über den Kenntnisstand und
Beschreibung von Neufunden. – Berliner Beiträge zur Geschiebeforschung, 113-126, 6 Abb., 2 Taf., Dresden (CPress).
Ansorge, J. (2015): Günther Wangrins Tagfalter–Versteinerung in einer Stettiner Kugel – die Geschichte einer Fälschung. Geschiebekunde aktuell 31 (4): 98-103, 2 Taf., Hamburg/Greifswald.
Borówka, R.K. (2013): Budowa geologiczna i rozwój rze´zby Pomorza Zachodniego. In ´ Srodowisko Przyrodnicze Wybrze˙zy Zatoki Pomorskiej i Zalewu Szczeci ´ nskiego; Borówka, R.K., Musielak, S., Eds.; Oficyna In Plus: Szczecin, Poland; pp. 5–18.
Cedro, B. (1993): Wyst˛epowanie mineralizacji siarczanowej w iłach trzeciorz˛edowych okolic Szczecina. Wszech´swiat, 12, 304–308.
Cedro, B., Lorenc, S., Zimmerle, W. (1995): Zur Petrographie des oligozänen Septarien-Tons im Raum Stettin (Szczecin). Zentralblatt Geol. Paläontologie, 1, 147–159.
Maciag, L. (2020): Practical Toponymics: Szczecin on the Geographical Map of World. Geosciences, 10, 37.
Meschede (2018): Geologie Deutschlands. Ein prozessorientierter Ansatz. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.
Piotrowski, A., Rielsko-Rybak, J. Sydor, P. (2010): “Szczecin on stilts” - geological and engineering conditions of the foundation of the city and port in the Oder Valley. In Proceedings of the LXXX Scientific Congress of the Polish Geological Society, Szczecin, Poland, 11–14 August 2010. (In Polish)
Zygmunt, M., Cacón, S., Milczarek, W., Sanecki, J., Piotrowski, A., Stepień, G. (2020): The Three-Segment Control and Measurement of Reliable Monitoring of the Deformation of the Rock Mass Surface and Engineering Structures on the Miedzyodrze Islands in Szczecin, NW Poland. Geosciences, 10, 179.