Info | Tiefbohrung auf dem Tibet Plateau rückt näher

 

Einem internationalen Forscherteam aus 17 Nationen rund um den Greifswalder Physischen Geographen           Prof. Dr. Torsten Haberzettl, den Jenenser Geologen Dr. Gerhard Daut und dem Bremer Geophysiker Prof. Dr. Volkhard Spieß ist es gelungen, einen Bohrkostenzuschuss in Höhe von 1,5 Mio. US$ für eine Tiefbohrung im Nam Co See auf dem Tibetischen Plateau vom Internationalen Kontinentalen Tiefbohrprogramm zu erhalten. Insgesamt sollen von dort etwa 2,2 km Sediment geborgen werden, welche anschließend u.a. in Greifswald untersucht werden.

Das Tibetische Plateau, das Dach der Welt, der Dritte Pol oder auch der Wasserturm Südostasiens genannt, stellt mit seinen 5 Mio. km2 und einer mittleren Höhe von über 4000 m über dem Meeresspiegel eine bedeutende Wasserressource für einen großen Teil der asiatischen Bevölkerung dar. Hier entspringen zahlreiche Flüsse wie Indus, Jangtse oder Brahmaputra, welche nicht nur Wasser, sondern auch Sedimente in die umliegenden Gebiete bringen. Diese Sedimente formen im Mündungsbereich der Flüsse riesige Deltas, die sowohl als Lebensraum für Millionen von Menschen, als auch zur Nahrungsmittelherstellung dienen. Wie schon im 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) herausgestellt wurde, wird der Globale Klimawandel den hydrologischen Kreislauf und damit die Wasserreserven, die Ökologie und auch die Ökonomie Südostasiens beeinflussen. Um aber modelbasierte Vorhersagen des zukünftigen Klimas besser evaluieren zu können und damit verlässlicher zu machen, ist es wichtig solche Modelle zu testen. Dazu ist es in dieser Region unabdingbar, das asiatische Monsunsystem besser zu verstehen. Welche Änderungen gab es in der Vergangenheit? Wie schnell sind diese abgelaufen? Gab es Schwellenwerte, die zu einer radikalen Veränderung der Ökosysteme geführt haben?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Greifswalder Geograph Torsten Haberzettl, der gemeinsam mit weiteren 58 Kollegen aus der ganzen Welt, eine weitere Hürde in Richtung einer Tiefbohrung auf dem Tibet Plateau genommen hat. Dazu wurden dem internationalen Team unter der Führung von Haberzettl vom Internationalen Kontinentalen Tiefbohrprogramm (International Continental Scientific Drilling Program – ICDP) 1,5 Mio. US$ bewilligt. Dies bildet den Grundstein des Vorhabens. Weitere Anträge zur Ko-Finanzierung des Projektes, welche bei nationalen Förderorganisationen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Schweizer Nationalfond, der israelischen ISF oder der britischen Förderorganisation NERC geplant sind, werden derzeit ausgearbeitet. Ein wesentlicher Anteil der Bohrkosten von über 2 Mio. US$ wird durch die chinesischen Kooperationspartner, Prof. Dr. Liping Zhu und Prof. Dr. Junbo Wang, vom Institut für Tibet Plateau Forschung (Chinesische Akademie der Wissenschaften) in Peking zur Verfügung gestellt. Geplant ist die technisch sehr anspruchsvolle Tiefbohrung für das Jahr 2022. Bis dahin wird es mindestens zwei Vorbereitungstreffen im nächsten Jahr vor Ort geben, um logistische Herausforderungen in dieser schwierigen Umgebung zu meistern und die lokale Bevölkerung auf das bevorstehende Ereignis vorzubereiten.

Insgesamt sollen von einer schwimmenden Bohrplattform auf dem 100 m tiefen Nam Co See, welcher eine Fläche besitzt, die vier Mal so groß ist wie der Bodensee, 2200 m Sediment geborgen werden. Die idealen Bohrpunkte dafür wurden durch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte seismische Untersuchungen bestimmt. Der längste Bohrkern soll dabei rund 700 m in die Tiefe reichen und einen Zeitraum von etwa 1 Mio. Jahre abdecken.  Doch nicht nur das Klima der Vergangenheit ist für die Forscher von Interesse. Andere Arbeitsgruppen, die versuchen die Geheimnisse des Nam Cos zu lüften, beschäftigen sich mit der Veränderung des Magnetfeldes der Erde, dem Leben in bis zu 700 m Tiefe im Sediment oder der Hebungsgeschichte des Tibet Plateaus. Auch für Höhenmediziner ist das Bohrvorhaben selbst, auf einer Höhe von über 4700 m über dem Meeresspiegel, von Interesse.

 

Bild 1: Zufahrt zum Nam Co See (T. Haberzettl)
Bild 2: Der Nam Co See ist vier Mal so groß wie der Bodensee (T. Haberzettl)

 

 


Back